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The green Blog

  • AutorenbildAnni und Dany

#das Grüne Band - Green travelling I - grenzenlos


Grenzen überschreiten, dort, wo vor mehr als 30 Jahren eine Mauer Menschen voneinander trennte. Ruhe atmen, wo das Niemandsland zwischen Ost und West einen Graben in die Gesellschaft riss und einen grünen Streifen mit bunter Flora und Fauna hinterließ, der sich auf mehr als 1400 Kilometern durch Deutschland zieht. Wir sind bereit für ein deutsch-deutsches Abenteuer. Unterwegs sind wir natürlich wieder - klimaneutral - zu Fuß. Im Gepäck vor allem unsere Zero Waste-Ambitionen, so dass der selbsthergestellte und eigens gedörrte Proviant »à la Instant« selbstverständlich nicht fehlen darf. Startpunkt unserer grünen Reise ist Heldra, ein kleines Örtchen an der Innerdeutschen Grenze in Hessen, von dort aus werden wir die 700 Kilometer nach Hause gehen, denn die ehemalige Grenze verläuft in unserer Heimat Lübeck nur einmal über den Fluss in sichtnähe.



Grünes Reisen in schwerigen Zeiten

Mit Corona haben sich auch bei uns die Urlaubspläne geändert, so wurde aus dem »Southern Upland Way« in Schottland, das »Grüne Band« in Deutschland. Für uns war klar, dieses Jahr fahren wir nicht weit weg! Mit seinem wunderschönen Buch »Abenteuer Grünes Band: 100 Tage zu Fuß entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze«, das anlässlich des 30jährigen Mauerfall-Jubiläums in 2019 herausgegeben wurde, inspirierte uns Mario Goldstein nicht unwesentlich zu dieser Reise. 100 Tage Urlaub bekommen wir allerdings nicht, aber unsere Erfahrungen von der letzten Reise nach Norwegen hatten gezeigt, dass wir mit 6 Wochen ein großes Stück Freiheit genießen können, das in der heutigen Arbeitswelt nicht selbstverständlich ist. Und auch wenn es nicht selbstverständlich ist, brauchen wir doch eine echte Auszeit - Arbeiten unter Corona-Bedingungen zehrt an den Kräften und an den Nerven. Bei uns besonders an den Zero-Waste-Nerven; denn viele kleine Verpackungs-Fortschritte, die in den letzten Jahren gemacht wurden, werden mit den Hygienemaßnahmen der Gesundheitsämter wieder eingestampft. Bekam ich das Brot im Februar noch in den Beutel, soll das ab März nicht mehr gehen. Na und?! - Dann backen wir halt selbst! Jetzt erst recht! REVOLUTION! Doch bei einer Pandemie-bedingten 45 Stunden Woche, kann das recht anstrengend werden. Zeit also für eine andere Art der Grenzerfahrung!


Rückblick

Mit meinen 35 Jahren bin ich zu jung, um konkrete Erinnerungen an die DDR-Zeit zu haben, allerdings bin ich gar nicht weit von der Grenze (ca. 8 km Luftlinie) groß geworden. Im beschaulichen Dörfchen Grambek verbrachte ich meine ersten Lebensjahre und an das erste Mal, dass wir als Familie nach »Drüben« fuhren, erinnere ich mich noch sehr gut. Vor allem an die heruntergekommenen Häuserblöcke in schmutz-grau und die lustigen Autos - Eindrücke, die ich damals nicht zuordnen konnte. Ich finde es heute unvorstellbar, dass meine Eltern, die über die Jahre zu E-Bike motorisierten Grenzgängern mutiert sind, vor '89 keinen Schritt in den Osten setzen durften. Was für mich nicht greifbar ist, war für Dany in seinem Heimatland, dem Libanon, ganz normal. Im Süden des Landes verläuft bis heute eine Mauer, es ist die Blaue Linie, die Grenze zu Israel. Sie teilt zwar nicht ein Land, doch der Symbolwert ist überwältigend und macht spürbar, dass unsere Wende ein Wunder war.

Dany 2013 an der Grenze zu Israel

Dany posiert fröhlich an der Mauer für das Foto, wie ein Tagestourist an den Überresten der Berliner Mauer. Doch was nach Freude ausschaut, ist eher Erleichterung, Erleichterung darüber, heile angekommen zu sein. Denn selbst für einen Libanesen ist der Besuch der Grenzzone mit Aufwand, der Beschaffung einer Zugangsberechtigung und einigen Gefahren verbunden. Nicht zuletzt ist die Erinnerung an den Krieg zwischen Israel und dem Libanon, den Dany in 2005 als ehrenamtlicher Rettungshelfer beim Roten Kreuz erlebte, an diesem Ort noch präsent. Und trotzdem löst die Mauer Unverständnis bei ihm aus: Wieso darf ich da nicht einfach rüber? Was ergibt das für einen Sinn? Und mit dieser Frage kehre ich wieder zum Grünen Band zurück. Die Autorin Anne Haertel, die gerade rechtzeitig zu unserem Reisebeginn einen Wanderführer zum Grünen Band herausgegeben hat, schreibt in ihrem Vorwort, dass das Grüne Band für »Frieden, Gerechtigkeit, Menschenwürde und Bewahrung der Natur“ steht und ich möchte hoffen, dass das eines Tages auch für den kleinen Libanon gelten wird.



Grenzerfahrungen...


... erwarten uns überall, auch ein Alltag unter Coronabedingungen kann so eine Grenzerfahrung sein und alles verändern. Für uns fand in gewisser Weise ein Rückzug in den innersten Kreis statt. Dany, Anni, die Wohnung, der Garten und dann erst mal nichts. Mal eben schnell nach der Arbeit nach Meck-Pomm an den Strand fahren, geht gerade nicht – SPERRGEBIET!!! Noch nie zuvor in meinem Leben sind mir Grenzen so bewusstgeworden wie während des Lockdowns.


Während Lübeck in Richtung Normalität steuert, ist Tagestourismus in Meck-Pomm noch immer nicht gestattet. Wir sind aber neugierig und wollen wissen, wo und wie die Grenze in unserer Nähe verläuft. Also packen wir kurzerhand einen Rucksack und machen einen Tagesausflug immer brav an der schleswig-holsteinischen Seite entlang. Mit im Gepäck unser neues Campingkocherset (das Alte hatte in Norwegen das zeitliche gesegnet), erste Dörrrationen unserer letzten Dörrsession, sowie Danys handgeschnitzten Wanderlöffel, die feierlich mit Tomaten-Linsensoße eingeweiht werden müssen.

Löffel und Göffel
Tomaten-Linsen-Bolognese

Grenzgang


Schon in Ratzeburg ist die Grenze in Sicht, wir fahren aber noch ein bisschen weiter in Richtung Osten und kommen hinter dem Goldensee zur ersten Gedenkstätte. Neben einer Informationstafel führt eine Brücke von Schleswig-Holstein nach Mecklenburg-Vorpommern.

Informationstafel in Rosenhagen

Wir passieren die Brücke nur kurz und halten Ausschau zu allen Seiten. Und während wir in etwa so dämlich glotzen wie die Eule auf dem Naturschutzschild, drängt sich eine Frage auf: Wo genau ist denn jetzt hier eigentlich das Grüne Band? Sind wir schon drin?

Das Grüne Band verläuft in weiten Teilen als Naturschutzgebiet

Ohne das diese Frage klar beantwortet wird, fahren wir immer weiter über Landstraßen entlang der ehemaligen Grenze. Zwischen Langenlehsten und Bröthen erreichen wir die Gedenkstätte von Michael Gartenschläger, der 1976 an dieser Stelle beim Abmontieren einer Selbstschussanlage durch Grenzposten erschossen wurde. Nun ist es ein friedlicher Ort, nur das Rascheln der Blätter und das Zwitschern der Vögel ist hier zu hören.


Grenzenlos


Und dann sind wir da, auf einmal tut sich eine Schneise vor uns auf und wir stehen direkt auf dem Grünen Band, das an dieser Stelle seinem Namen alle Ehre macht.


Anni am Gartenschläger Eck

Vom Gartenschläger Eck wandern wir direkt auf der Grenzline eine kleine Weile bis wir den Ort Wendisch Lieps erreichen. Es ist Zeit für eine Rast!

Während wir im Wald verschwinden, entschwindet auch unser Alltag und ins Zentrum rückt die Vorfreude über die bevorstehende Reise. Wir wollen ganz bei uns und gleichzeitig grenzenlos sein.


Ab 31.7. geben wir die Zero Waste-Ferienwohnungen in die Hand unserer Freundinnen Jonna und Sophie und berichten an dieser Stelle wöchentlich oder so wie es gerade passt von unserer grünen Reise.


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